Technologie

#Erster Stadt geht Strom aus: Zu viele Wärmepumpen am Netz

Oranienburg geht als erste Stadt der Strom aus. Versäumnisse in der Planung der Stadtentwicklung haben dazu geführt, dass ab sofort weder ein Neuanschluss noch eine Leistungserhöhung für Haushalte genehmigt werden kann. Vor allem Wärmepumpe und Wallboxen sind von der Einschränkung betroffen.

Erster Stadt geht Strom aus: Zu viele Wärmepumpen am Netz
Erster Stadt geht Strom aus: Zu viele Wärmepumpen am NetzBildquelle: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Deutschlands Stromnetz gilt als eines der stabilsten der Welt wie eine Untersuchung des VDE aus dem Jahr 2022 zeigt. Lediglich Südkorea übertraf das deutsche Ergebnis, sodass Deutschland seinerzeit Platz zwei der Weltrangliste belegte. Im Schnitt fiel die Stromversorgung in Deutschland lediglich zwölf Minuten im Jahr aus. Dennoch hat sich der Aufwand zur Aufrechterhaltung der Netz- und Systemsicherheit im Kontext der Energiewende vergrößert. Nicht immer gelingt dabei die rechtzeitige Anpassung der Infrastruktur, wie der Fall Oranienburgs zeigt.

Versäumnisse bringen Stromversorgung an Kapazitätsgrenze

Der Strombedarf in Oranienburg stieg wesentlich schneller an als die Verantwortlichen vorhersahen. Dafür verantwortlich seien nicht nur die Zuwanderung weiterer Bewohner, sondern ebenso der verstärkte Anschluss von Anlagen wie Wärmepumpen und Wallboxen für Elektroautos. Nach Angaben der Stadtwerke Oranienburg habe man bereits vor über einem Jahr beim Betreiber des Umspannnetzwerkes weitere Kapazitäten angefordert. Der Betreiber, E.DIS, habe jedoch nicht darauf reagiert, sodass die Stadtwerke Oranienburg nun die Bundesnetzagentur darüber informierten. Um das Stromnetz in Oranienburg weiterhin stabil zu halten, können die Stadtwerke ab sofort weder Neuanmeldungen noch Leistungserhöhungen für Wärmepumpen oder Wallboxen genehmigen. Das örtliche Stromnetz hat somit seine Kapazitätsgrenzen erreicht und bremst die Energiewende in Oranienburg aus. Haushalte, die sich von fossilen Heizungen zugunsten von Wärmepumpen trennen möchten, stehen nun ebenso im Regen wie Interessenten von E-Autos.

Zwar arbeitet man bereits in Oranienburg an dem Bau eines neuen Hochspannungsnetzes, dessen Fertigstellung kommt für die Energiewende jedoch zu spät. Erst im Jahr 2026 soll das Hochspannungsnetz zusätzliche Kapazitäten liefern. Finden die Stadtwerke Oranienburg keine andere Möglichkeit, die Engpässe zu lösen, sieht die Lage in Oranienburg düster aus. Nicht nur, dass Wallboxen und Wärmepumpen nicht mehr in Betrieb genommen werden können. Auch Neubauten müssen damit auf Eis gelegt werden, da keine weiteren Häuser mehr an das Stromnetz angeschlossen werden können. Wer sich einen Traum vom Eigenheim in Oranienburg erfüllen wollte, muss nun bangen.

Zusätzlich bremst der begrenzte Strom auch die lokalen Industrien aus. Weder können bereits angesiedelte Unternehmen ihre Produktionskapazitäten steigern noch können sich neue Firmen in Oranienburg ansiedeln. Die Stadtwerke Oranienburg arbeiten „zusammen mit der Hochspannungsnetzbetreiberin E.DIS Netz mit Hochdruck an einer Zwischenlösung, um den Engpass zu beseitigen, bis der Neubau des Umspannwerks der Stadtwerke Oranienburg in Betrieb gehen kann“, teilt der Geschäftsführer der Stadtwerke, Peter Grabowsky gegenüber der Zeitung Merkur mit.

Droht weiteren Städten Strommangel?

Durch die insgesamt sichere Stromversorgung in Deutschland ist ein ähnliches Szenario, wie wir es in der Stadt Oranienburg nördlich von Berlin sehen, zwar nicht völlig undenkbar – doch unwahrscheinlich. Um die Versorgungssicherheit in Deutschland langfristig trotz des steigenden Bedarfs an Strom zu erhöhen, wären dynamische Stromtarife ein hilfreiches Werkzeug. Dank dynamischer Stromtarife können Verbraucher ihren Verbrauch direkt an der Netzauslastung ausrichten. Das geschieht automatisch durch den dynamischen Stromtarif, der zu Zeiten, in denen die Netze besonders ausgelastet sind, umso höher ausfällt. Dadurch werden Verbraucher automatisch versuchen, möglichst viel ihres Verbrauchs in Phasen zu legen, in denen diese Preise günstiger ausfallen – und somit eine geringere Auslastung des Netzes gegeben ist.

Laut einer Studie der Agora Energiewende könnten bis zu zehn Prozent des Gesamtverbrauchs in Deutschland von diesen sogenannten „haushaltsnahen Flexibilisierungen“ betroffen sein. Reduzieren dynamische Stromtarife die Belastungsspitzen im Netz, so wäre der Netzausbau laut Studie im bisherigen Tempo realisierbar. Das größte Hindernis für dynamische Stromtarife bleibt jedoch der dafür benötigte Ausbau der Smart Meter. Nur wenn der Stromverbrauch in Echtzeit beim Verbraucher gemessen werden kann, ist eine Abrechnung über einen dynamischen Stromverbrauch überhaupt möglich. Einige Anbieter von dynamischen Stromtarifen wie Tibber bieten auch eigene Geräte zur Echtzeitmessung an, die auf einen digitalen Stromzähler aufgesetzt werden können. Damit ist der Bezug eines dynamischen Stromtarifs auch ohne Smart Meter möglich.

Bildquellen

  • erster-stadt-geht-strom-aus-zu-viele-waermepumpen-am-netz: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Technologie kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!