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#Warum das Tempolimit ein Gewinn wäre

Warum das Tempolimit ein Gewinn wäre

Sage niemand, Deutschland sei das einzige Land der Welt, in dem kein allgemeines Tempolimit gilt. Richtig ist diese Behauptung noch nicht mal für Europa. Schließlich gibt es ja noch die Isle Of Man! Die lose zu Großbritannien gehörende Insel in der Irischen See hat zwar gar keine Autobahn, aber auch kein Tempolimit. Das würde ja auch nur stören beim dort alljährlich zele­brierten „Mad Sunday“, bei dem Hobby-Motorradfahrer über einen Rennkurs aus engen Landstraßen jagen. Und jenseits von Europa gibt es sogar reihenweise Länder ohne Tempolimit: Nepal zum Beispiel und Myanmar, Burundi und Bhutan, Somalia und Haiti – ganz zu schweigen von Afghanistan und Nordkorea.

Im Ernst: Ein Tempolimit von, sagen wir, 130 Stundenkilometern zwischen Flensburg und Bad Reichenhall wäre ein Segen für die Autobahnen und ihre Nutzer. Wer einige Jahre im Ausland gelebt hat, der lernt das wunderbar entspannte und zivilisierte Reisen mit Tempolimit zu schätzen: zum Beispiel auf dem britischen Motorway mit 70 Meilen je Stunde, was exakt 112,6 Stundenkilometern entspricht. Auch damit kommt man ans Ziel, und zwar sehr viel weniger gestresst als in Deutschland. Und ist nicht auch die Urlaubsfahrt auf französischen, niederländischen oder italienischen Autobahnen viel angenehmer?

In Deutschland gab es schon mal ein Tempolimit

Es ist deshalb keine gute Nachricht, dass jetzt ausgerechnet die Grünen von ihrer seit Langem erhobenen Forderung nach einem Tempolimit abrücken. Die Ökopartei verhandelt bekanntlich gerade über eine Beteiligung an der nächsten Bundesregierung. Und so wurde Fraktionschef Anton Hofreiter diese Woche gefragt, ob die Grünen auch einen Koalitionsvertrag unterschreiben würden, der kein Tempolimit vorsehe. „Ich halte nichts davon, einzelne Maßnahmen zur Bedingung zu machen“, antwortete Hofreiter. Entschlossenheit klingt anders.

Was längst vergessen ist: Auch in Deutschland gab es schon mal ein Tempolimit. 1973 war das, auf dem Höhepunkt der ersten Ölkrise. Um knapp gewordenes Benzin zu sparen, ordnete der sozialdemokratische Bundeskanzler Willy Brandt vorübergehend Tempo 100 auf der Autobahn an. Brandts Verkehrs­minister Lauritz Lauritzen witterte seine Chance, um ein dauerhaftes Tempolimit durchzusetzen. Er scheiterte kläglich – nicht zuletzt am Widerstand des allmächtigen ADAC, der eine Million Aufkleber mit dem inzwischen berüchtigten Slogan „Freie Bürger fordern freie Fahrt!“ drucken ließ. „Potente Interessengruppen sind sehr aktiv gewesen“, kommentierte Lauritzen seine Niederlage.

Manche Pro-Argumente überzeugen nur bedingt

Heute ist das Benzin nicht knapp, und es stimmt auch, dass manche Argumente für ein Tempolimit nur bedingt überzeugen. So wird von Befürwortern der Klimaschutz ins Feld geführt: Langsamere Geschwindigkeiten führten zu weniger CO2-Emissionen. Zudem könne das Tempolimit, anders als die Umstellung des gesamten deutschen Fuhrparks auf Batterie- und Wasserstoffantrieb, sehr schnell und ohne großen Aufwand verwirklicht werden. Zur Wahrheit gehört aber auch: Die damit erzielbaren Fortschritte beim Klimaschutz wären ziemlich bescheiden. Nach Berechnungen des Umweltbundesamts würden bei Tempo 130 die CO2-Emissionen des Verkehrssektors um lediglich 1,2 Prozent sinken. Das wäre zwar auch schon ein Erfolg, aber eben nur ein kleiner.

Insofern wäre es sogar durchaus nachvollziehbar, wenn jetzt die Grünen beim Tempolimit klein beigeben sollten. Drückten sie es gegen alle Widerstände durch, wäre das eine Vorlage für ihre politischen Gegner: Achtung, Verbotspartei! Die Grünen würden also viel kostbares politisches Kapital verbrennen für wenig Ertrag beim Klimaschutz.

Traurig bleibt der sich abzeichnende Rückzieher dennoch. Ein Ende der Autobahnraserei wäre eine Errungenschaft des zivilisierten Umgangs miteinander. Wie es aussieht, muss Deutschland darauf weiterhin verzichten.

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